Teil 2 – Fragen und Antworten zur vH2O2-Biodekontamination in aseptischen Isolatoren

Validierung der H2O2-Biodekontamination in beladenen Isolatoren
Industrielle Messungen
Life-Science

In unserem Webinar „vH2O2-Biodekontamination: Optimierung der Zyklusentwicklung in aseptischen Isolatoren“erhielten wir viele interessante Fragen. In diesem zweiten F&A-Blog beantworten Gastmoderator Rick Nieskes von Ardien Consulting und Vaisala Produktmanager Joni Partanen Fragen, für die sie während des Webinars keine Zeit hatten.

Frage: Ist eine Mindestkonzentration für die mikrobiozide Wirksamkeit erforderlich? Wäre  beispielsweise eine VHP-Konzentration von 100 ppm bei 95 %rS effektiver als 2.000 ppm bei 60 %rS?

Rick Nieskes:  Nach meiner Erfahrung, basierend auf mehr als 150 Isolatoren, die in den vergangenen 25 Jahren bewertet wurden, lautet meine Antwort höchstwahrscheinlich nein, aber ich stelle selten (wenn überhaupt) 2.000 ppm in einer typischen Installation fest. Für  ein Trockenverfahren (d. h. einen Ansatz, bei dem der Isolator unter Bedingungen gehalten wird, die sichtbare Kondensation vermeiden) müssen Sie höchstwahrscheinlich rund 75 %rS erreichen. Dies hängt jedoch von der gewählten Stelle des Sensors ab, der %rS misst. Aber  wenn Sie den Zielwert höher setzen würden (z. B. 85 bis 90 %rS), würden Sie feststellen, dass die mikrobiozide Wirksamkeit deutlich verbessert wird.  

Lassen Sie uns zum Vergleich die Konzentration konstant halten. Ich  gehe davon aus, dass eine Konzentration von 500 ppm bei 95 %rS D-Werte von etwa vierzig Sekunden ergibt, während 500 ppm bei 50 %rS D-Werte von etwa acht Minuten ergeben würden. Das  ist ein Unterschied von zwölfmal größerer Wirksamkeit. Ich  bewerte dies jedoch je nach Fall, da es viele weitere Faktoren gibt, die diese Ergebnisse beeinflussen, wie z. B. Gesamttemperatur, Luftstrom usw.

Frage: Ich verwende eine Vaisala HPP272, die hochkonzentriertes vH2O2, Feuchte und Temperatur misst. Können wir vor der Biodekontamination nur für den vH2O2-Messwert kalibrieren?

Joni Partanen: Stellen Sie sicher, dass Sie den Reinigungsvorgang vor dem Biodekontaminationszyklus durchführen. Dies gewährleistet eine optimale Messleistung. Es wird auch empfohlen, das Instrument regelmäßig mit einem Feuchtekalibrator zu kalibrieren. Die Werkskalibrierung stellt sicher, dass Sie jahrelang eine hochwertige Messung haben. Geeignete Kalibrierintervalle sind stark anwendungsabhängig. Aber als allgemeine Empfehlung gilt, dass Sie zuerst mit kürzeren Intervallen beginnen und das Kalibrierintervall basierend auf den erfassten empirischen Daten anpassen.

Frage: Wie gehen Sie während der CD-Studien mit „Schurken“-BIs um?

Rick Nieskes:  Ich akzeptiere keine biologischen „Schurken“-Indikatoren während der Zyklusentwicklung. Wenn  ein wachstumspositiver biologischer Indikator auftritt, betrachte ich das als wirklich positiv. In einem  solchen Fall möchten Sie möglicherweise ein einzelnes Mikroproblem mit zusätzlichen biologischen Indikatoren um diese verdächtige Stelle herum mit einer entsprechenden Änderung des Zyklus (z. B. längere Einwirkungsdauer usw.) durchführen.
Auf meiner Website finden Sie ein Ressourcencenter mit mehreren, meiner Meinung nach nützlichen Artikeln. Hinsichtlich „Schurken“-Indikatoren könnten diese  relevant sein:


Heads or Tails: Statistical Methods for Interpreting Multiple BI Results“ von Donald Eddington. PhD. Eddington and Bond Associates. Inc, September 2013.
Using replicate BIs to evaluate bio-decontamination cycles in isolators“ von Garrett Krushefski, Spore News Volume 9, No. 4

Frage: Ist es so, dass eine höhere Konzentration von flüssigem H2O2 dazu beitragen könnte, die Kondensation von dampfförmigem H2O2 an kälteren Stellen während der Biodekontamination zu vermeiden?

Joni Partanen: Richtig. Sowohl die Entfeuchtung der Umgebung vor der Biodekontamination als auch die Verwendung einer Lösung mit höherer Konzentration erhöhen die vH2O2-Konzentration im Verhältnis zum relativen Sättigungsgrad.

Wir bieten einen Blog zu diesem Thema: „Verhältnis der H2O2-Lösungskonzentration, Kondensationspunkt und maximal erreichbares vH2O2

Außerdem bieten wir ein vollständiges Whitepaper zu den vier Parametern, die den größten Einfluss sowohl auf die Kondensation als auch auf die maximal erreichbaren vH2O2-ppm haben: „Einflüsse von Kondensation auf die vH2O2-Biodekontamination

Frage: Mehrere Fragen hier. Erstens, wie wird Feuchte gesteuert? Zweitens, warum raten Sie von Tyvek®-verpackten biologischen Indikatoren ab? Besteht ohne Tyvek nicht ein erhöhtes  Kontaminationsrisiko?

Rick Nieskes:  Zu Ihrer ersten Frage: Feuchte wird im Allgemeinen durch ein Entfeuchtungssystem als Teil der Entfeuchtungsphase des Betriebs gesteuert. Meiner Meinung  nach wäre das Beste ein System, das Feuchte so zusetzt oder ableitet, wodurch sichergestellt wird, dass der gewünschte Feuchtesollwert für jeden durchgeführten vH2O2-Zyklus gleich ist.

Zur Beantwortung Ihrer zweiten Frage zu Tyvek®-verpackten biologischen Indikatoren gebe ich hier eine kurze Antwort und eine längere Antwort (unten verlinkt). Der empfohlene Mikroorganismus zur Bewertung der Biodekontaminationswirksamkeit von vH2O2 ist Geobacillus stearothermophilus. Dabei handelt es sich um einen thermophilen Organismus (wächst nur bei Temperaturen um 55 °C), der für keinen Wirt als pathogen bekannt ist. Allerdings ist eine angemessene Sorgfalt beim Umgang mit biologischen Indikatoren erforderlich. Ich  lade Sie ein, einen Blog zu lesen, den ich 2020 zu diesem Thema veröffentlicht habe:

Sind Tyvek®-verpackte biologische Indikatoren für die Dekontamination mit verdampftem Wasserstoffperoxid geeignet?

Frage: Ich habe in einem Whitepaper gelesen, dass vH2O2 für die Biodekontamination nicht akzeptabel sei?

Rick Nieskes: Ja, ich kenne dieses Whitepaper. Worauf die Veröffentlichung jedoch tatsächlich hinwies, war, dass vH2O2 nicht für die Verwendung bei der Sterilisation von direkten und indirekten Produktkontaktoberflächen ratsam ist. Ich  behaupte jedoch, dass vH2O2 unter idealen Bedingungen ein sporizides Mittel auf exponierten Oberflächen im Biodekontaminationsverfahren ist, das sterilisiert werden kann. Zu den idealen Bedingungen zählen Oberflächen, die als sauber validiert wurden und keine Oberflächen-zu-Oberflächen-Kontaktstellen aufweisen.  

Mehr zu diesem Thema habe ich hier verfasst: „Fragen aus der Industrie – mit verdampftem Wasserstoffperoxid (VHP) biodekontaminierte Produktkontaktoberflächen

Frage: Sie haben fünf BIs je 1 m³ erwähnt. Haben Sie eine Referenz für diese Empfehlung?

Rick Nieskes:  Ja. Diese ist im PDA-Bookstore erhältlich: „PDA Technical Report No. 34, (TR34) Design and Validation of Isolator Systems for the Manufacturing and Testing of Health Care Products

Ich habe mich bislang mit der Adaptation von PDA TR34 aus dem Jahr 2001 abgemüht. Diese empfiehlt die Verwendung von „Fünf bis zehn BIs pro Kubikmeter Isolatorvolumen“, wenn dreifache BIs an jeder Problemstelle für die Validierung des vH2O2-Systems in all seinen Formen platziert werden (z. B. verdampft, mikrovernebelt usw.). Ich  dachte immer, dass die Anzahl der Problemstellen unzureichend erschien, wenn dreifache BIs an jeder Problemstelle platziert wurden.  

Nach einigen Nachforschungen konnte ich feststellen, dass TR34 mit der Annahme verfasst wurde, dass ein BI an jeder Problemstelle in einem Verhältnis von 1:1 (BI zur Problemstelle) platziert würde. Das war der Standard zu der Zeit, als TR34 verfasst wurde, bevor Benutzende begannen, das zu erkennen, was als „Schurken-BI-Postulat“ bekannt wurde. Zu  diesem Zeitpunkt in unserer Entwicklung der vH2O2-Validierung sind dreifache BIs zu einer Art Standardpraxis geworden (obwohl keine strenge Voraussetzung).  

Daher sollte die korrekte, moderne Interpretation von TR34 mindestens fünf Problemstellen pro Kubikmeter Arbeitskammervolumen umfassen. Mit  anderen Worten, wenn dreifache BIs für jede Problemstelle verwendet werden sollen, sollten mindestens 15 BIs pro Kubikmeter Arbeitskammervolumen vorhanden sein. Basierend  auf diesen Informationen behaupte ich daher, dass TR34 überarbeitet werden muss. Das hilft Benutzenden dabei, diese korrigierten Prinzipien während der anfänglichen vH2O2-Zyklusqualifizierung für neue Isolatoren oder während der jährlichen vH2O2-Zyklusrequalifizierung für bestehende (ältere) Isolatoren anzupassen.

Frage: Welche Auflösung/Genauigkeit bietet die HPP272 Sonde für vH2O2?

Joni Partanen: Die Genauigkeitsspezifikation finden Sie im Produktdatenblatt der Sonden der HPP270 Serie. Zur Erhaltung der Langzeitstabilität empfehlen wir eine regelmäßige Vor-Ort-Kalibrierung mit einem Feuchtekalibrator. Sie stellen auch die Stabilität der HPP270 sicher, indem Sie den Wert der Sensorbeständigkeit  überwachen.

Ein zusätzlicher Schutz ist eine Funktion namens „Sensorbeständigkeit“ in der Vaisala Insight Software. Mit dieser Funktion können Sie eine Sensordiagnose durchführen und Informationen zur Sensorfunktion anzeigen. Ein neuer HPP270 Sondensensor weist eine Beständigkeit von 100 % auf und ein Sensor am Ende seiner Produktlebensdauer einen Wert von 0 %. Wir empfehlen, die Sonden der Baureihe HPP270 auszutauschen, wenn der Wert der Sensorbeständigkeit ≤ 40 % erreicht. Schließlich stellen Sie mithilfe der Werkskalibrierung sicher, dass die Leistung der HPP270 Sonde über viele Jahre hinweg erhalten bleibt.

Erfahren Sie mehr über Ardien Consulting, oder kontaktieren Sie Rick Nieskes.
 

Prozessbedingungen mit vH2O2-Rechner simulieren

Mit diesem Rechner können Sie Biodekontaminationsprozesse in geschlossenen und offenen Systemen oder unter freien Verdampfungsbedingungen simulieren. Wählen Sie einfach das Verfahren und Eingabeparameter wie Phasendauer, Temperatur, Injektionsraten, H2O2-Flüssigkeitskonzentration und andere. Modellieren Sie den Prozess im Simulator, und sehen Sie die Auswirkungen auf Kondensationspunkt, relative Feuchte, relative Sättigung und erreichbare vH2O2-ppm-Konzentration.

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